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  • DER EZB-BLOG

Europas Ersparnisse für Wachstum nutzen

9. März 2023

von Paschal Donohoe (Präsident der Euro-Gruppe), Werner Hoyer (Präsident der Europäischen Investitionsbank), Christine Lagarde (Präsidentin der Europäischen Zentralbank) Charles Michel (Präsident des Europäischen Rates) und Ursula von der Leyen (Präsidentin der Europäischen Kommission)

Europa muss den grünen und den digitalen Wandel vorantreiben. Um dies effektiv finanzieren zu können, müssen wir die Kapitalmarktunion vollenden. So lautet der Appell der Präsidentinnen und Präsidenten von EZB, EIB, Europäischem Rat, Europäischer Kommission und Euro-Gruppe in einem gemeinsamen Beitrag.

Die Europäische Union ist entschlossen, den grünen und den digitalen Wandel voranzutreiben. Was wir heute entscheiden, wird sich auf die kommenden Generationen auswirken. Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, das Richtige zu tun. Die Schaffung einer klimaneutralen Wirtschaft, die Steigerung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit und die Diversifizierung der Lieferketten werden für den anhaltenden Wohlstand und die strategische Souveränität Europas in den kommenden Jahrzehnten von allergrößter Bedeutung sein.

Der Finanzierungsbedarf ist enorm, und der Löwenanteil muss aus privatem Kapital kommen. Die Rolle öffentlicher Investitionen besteht darin, die politische Richtung zu weisen und Anreize für die massive Einbindung von privatem Kapital zu schaffen, unter anderem – aber nicht ausschließlich – durch die Beteiligung der Europäischen Investitionsbank-Gruppe und nationaler Förderbanken.

Bei der Kapitalmarktunion waren wir zu zögerlich

Der Binnenmarkt hat seit seiner Gründung vor 30 Jahren den Wohlstand Europas befördert, indem Hindernisse für den Handel innerhalb der Union beseitigt und ausländische Investitionen angezogen wurden, und die Wirtschafts- und Währungsunion ist ein weiterer Motor für die Marktintegration. Aber bei einem Kernbaustein waren wir zu lange zu zögerlich: bei der Kapitalmarktunion.

Bislang stellen die Banken in Europa den Großteil der Investitionsfinanzierungen. Sie allein können der EU jedoch nicht dazu verhelfen, den weltweiten Investitionswettlauf zu gewinnen, insbesondere gegenüber den USA. In der EU erfolgt die externe Unternehmensfinanzierung zu 75 % über Bankdarlehen und zu 25 % über die Anleihemärkte – in den USA ist genau das Gegenteil der Fall.

Unsere Start-ups und Scale-ups sind auf der Suche nach Kapital. Unternehmen, insbesondere KMU, haben große Schwierigkeiten, die langmütigen und risikobereiten Kapitalgeber zu finden, auf die sie für Investitionen in den grünen und den digitalen Wandel angewiesen sind. So ist etwa die Börsenkapitalisierung der EU gemessen in Prozent des BIP nicht einmal halb so hoch wie in den Vereinigten Staaten und bleibt auch hinter derjenigen Japans, Chinas und des Vereinigten Königreichs zurück. Allerdings haben die Europäer viel höhere Ersparnisse als die Amerikaner.

Es liegt in unserer Verantwortung, dafür zu sorgen, dass europäische Unternehmen die gesuchten Finanzierungsmöglichkeiten finden – und zwar hier, in der EU. Wir brauchen eine Kapitalmarktunion, in der die enormen Ersparnisse in Europa den Wachstumsmotoren von Morgen zugeleitet werden. Um deren Potenzial voll auszuschöpfen, müssen wir den derzeitigen Flickenteppich aus nationalen Rahmenregelungen und in einigen Fällen unterentwickelten Kapitalmärkten hinter uns lassen. Auf diese Weise wird die EU als Investitionsstandort gestärkt und der Euro zu einer noch attraktiveren Währung werden.

Die EU hat zur Schaffung eines Binnenmarkts für Kapital bereits einige entscheidende Schritte unternommen. Dennoch müssen wir unsere Anstrengungen und unsere Ambitionen verstärken, um die verbleibenden Hindernisse im grenzüberschreitenden Finanzgeschäft zu beseitigen und eine weitere Harmonisierung zu ermöglichen. Dazu gehören ein einheitlicheres Insolvenzrecht, leichter zugängliche Finanzinformationen, ein vereinfachter Zugang zu den Kapitalmärkten, insbesondere für kleinere Unternehmen, robuste Marktinfrastrukturen und eine stärker integrierte Kapitalmarktaufsicht.

Die Vertiefung der Kapitalmarktunion erfordert gemeinsame Anstrengungen, an denen politische Entscheidungsträger und Marktteilnehmer in der gesamten Union beteiligt sind. Es bedarf eines starken politischen Willens und der Eigenverantwortung auf allen Regierungsebenen. Es bedarf zügiger Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten im Rat über wichtige Rechtstexte, die dringend zum Abschluss kommen müssen. Es bedarf des Mutes und der Offenheit für Veränderungen. Wir sind entschlossen, schnell voranzukommen.

Die Zeit drängt. Wir haben in den letzten zwei Jahrzehnten bei der finanziellen Integration Europas beeindruckende Fortschritte erzielt, aber es ist an der Zeit, mehr Ehrgeiz zu zeigen. Eine echte Kapitalmarktunion ist in Reichweite. In den kommenden Jahrzehnten wird sich der größte industrielle Wandel unserer Zeit vollziehen. Er wird über unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit entscheiden. Sorgen wir also dafür, dass wir über das dafür notwendige Kapital verfügen!

Dieser EZB-Blogbeitrag wurde als Gastbeitrag in verschiedenen Zeitungen und online in ganz Europa veröffentlicht.

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