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PRESSEMITTEILUNG

Erklärung der Europäischen Kommission, der EZB und des IWF zur ersten Prüfung Griechenlands

5. August 2010

Vom 26. Juli bis 5. August 2010 kamen Expertenteams der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Athen zusammen, um das Wirtschaftsprogramm der griechischen Regierung der ersten vierteljährlichen Prüfung zu unterziehen. Dieses Programm wird durch einen Kredit der Euro-Länder in Höhe von 80 Mrd EUR und eine Bereitschaftskreditvereinbarung des IWF in Höhe von 30 Mrd EUR unterstützt. Die Strategie und die wichtigsten Maßnahmen bleiben unverändert so wie in der Absichtserklärung und im Memorandum zur Wirtschafts- und Finanzpolitik vom Mai 2010 beschrieben.

Nach Prüfung der Gesamtlage stellen wir fest, dass das Programm erfolgreich begonnen hat. Die quantitativen Leistungsziele von Ende Juni wurden alle erfüllt. Eine führende Rolle spielte hierbei die entschlossene Umsetzung des Haushaltskonsolidierungsprogramms. Wichtige Reformen werden bereits früher als geplant durchgeführt. Dennoch bestehen nach wie vor bedeutende Herausforderungen und Risiken.

Die Kontraktion der Wirtschaft steht im Einklang mit den Projektionen für das Programm aus dem Monat Mai: Das BIP dürfte 2010 um 4 % und 2011 um rund 2½ % zurückgehen. Die Inflation ist höher als erwartet und wird durch Anhebungen indirekter Steuern in die Höhe getrieben – dementsprechend haben wir unsere Vorausschätzung für 2010 auf 4¾ % korrigiert. Da es keine Anzeichen für Zweitrundeneffekte gibt, wird die Inflation voraussichtlich schnell sinken.

Im Bereich der Staatsfinanzen haben die Behörden die Ausgaben auf Staatsebene deutlich unter den Budgetgrenzen gehalten. Das hat Überschreitungen von Ausgabenzielen ausgeglichen, die durch Probleme bei der Ausgabenkontrolle auf subnationaler Ebene (regionale Ebene, Krankenhäuser, Sozialversicherungen) verursacht worden waren. Das gesamte Defizitziel für Ende Juni wurde eingehalten. Um potenzielle Risiken für die Einhaltung von Haushaltszielen künftig beseitigen zu können, ist es entscheidend, eine strengere Ausgabenkontrolle und -überwachung durchzuführen, insbesondere auf subnationaler Ebene. Eine weitere wichtige Herausforderung ist die weitere Stärkung der Steuerverwaltung, um auch die Steuerhinterziehung seitens Einzelpersonen mit hohem Einkommen und Vermögen verringern zu können. Für die Sicherung der Steuereinnahmen und die Förderung der allgemeinen Gerechtigkeit des Anpassungsprogramms ist dies von grundlegender Bedeutung.

Im Finanzsektor war eine moderate Verschlechterung der angemessenen Eigenkapitalausstattung zu verzeichnen, da notleidende Kredite im Einklang mit den Erwartungen zugenommen haben. Die vor Kurzem vom Ausschuss der europäischen Bankenaufsichtsbehörden durchgeführten Stresstests deckten mehr als 90 % der Aktiva des griechischen Bankensystems ab, und alle Banken außer einer staatlichen Bank bestanden diese Tests. Dies trägt zur Verringerung der Marktvolatilität bei. Wir begrüßen, dass die Regierung eine strategische Überprüfung des Bankensektors und eine umfassende Prüfung (Due Diligence) für staatliche Banken in Auftrag gegeben hat. Der Finanzstabilitätsfonds (FSF), der bald seine Tätigkeit aufnimmt, wird beim Umgang mit einer potenziellen Kapitalknappheit eine wichtige Hilfe sein. Unserer Ansicht nach sind die Mittel in Höhe von 10 Mrd EUR, die im Rahmen des Programms für den FSF vorgesehen sind, weiterhin angemessen. Es wird in nächster Zeit wichtig sein, den Finanzsektor fortwährend genau zu überwachen.

Bei den Strukturreformen werden derzeit beeindruckende Fortschritte erzielt. Die Delegation begrüßt, dass das griechische Parlament die umfassende Reform des Altersversorgungssystems verabschiedet hat, die – an internationalen Standards gemessen – tief greifend ist. Darüber hinaus wurden bedeutende Reformen des Arbeitsmarkts bereits in Angriff genommen. Die Umsetzung der jüngsten Steuer- und Haushaltsreformen ist für die Haushaltskonsolidierung von zentraler Bedeutung. Weitere Reformen, die demnächst umgesetzt werden sollen, betreffen die Bereiche Transport, wo bereits bedeutende Fortschritte bei der Liberalisierung des Güterkraftverkehrs erzielt wurden, sowie Energie. Die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit und die Erhöhung des Potenzialwachstums sind nach wie vor von wesentlicher Bedeutung für den Erfolg des Programms. In diesem Zusammenhang besteht die Herausforderung für die Regierung darin, den Widerstand der etablierten Interessen zu überwinden, der sich gegen die Öffnung der „geschlossenen Berufe“, die Deregulierung, die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie und die Beseitigung von Beschränkungen der Entwicklung von Tourismus und Einzelhandel richtet.

Die griechische Regierung hat, abgesehen von der Platzierung kurzfristiger Nullkupon‑Staatsanleihen, weiterhin keinen Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten. Allerdings scheint sich die Marktstimmung nun aufzuhellen. Den griechischen Behörden wird derzeit durch die umfassende internationale Finanzhilfe eine Atempause gewährt, wobei ihre größte Herausforderung nach wie vor darin besteht, bedeutende Fortschritte bei der Umsetzung der politischen Maßnahmen nachzuweisen, um wieder Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten zu erlangen.

Nächste Schritte: Die zwischen den griechischen Behörden und den Expertenteams getroffene Vereinbarung wird den Weg für den Abschluss der ersten Prüfung im Rahmen der Kreditrahmenvereinbarung (Euroraum) und der Bereitschaftskreditvereinbarung (IWF) ebnen; der Abschluss der Prüfung steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung seitens der Kommission, der Eurogruppe sowie des Managements und des Exekutivdirektoriums des IWF. Diese Genehmigung wird die Auszahlung von 9 Mrd EUR (6,5 Mrd EUR von den Mitgliedstaaten des Eurogebiets und 2,5 Mrd EUR vom IWF) ermöglichen.

Die nächste Entsendung einer Delegation zur Überprüfung des Programms ist für Oktober 2010 vorgesehen.

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Europäische Zentralbank

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