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Dokument 31998D0012(01)

Beschluß der Europäischen Zentralbank vom 3. November 1998 über den Zugang der Öffentlichkeit zur Dokumentation und zu den Archiven der Europäischen Zentralbank (EZB/1998/12)

ABl. L 110 vom 28.4.1999, S. 30–32 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

Rechtlicher Status des Dokuments Nicht mehr in Kraft, Datum des Endes der Gültigkeit: 18/03/2004; Aufgehoben durch 32004D0003(01)

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1998/12(4)/oj

31999D0284

Beschluß der Europäischen Zentralbank vom 3. November 1998 über den Zugang der Öffentlichkeit zur Dokumentation und zu den Archiven der Europäischen Zentralbank (EZB/1998/12)

Amtsblatt Nr. L 110 vom 28/04/1999 S. 0030 - 0032


BESCHLUSS DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK

vom 3. November 1998

über den Zugang der Öffentlichkeit zur Dokumentation und zu den Archiven der Europäischen Zentralbank

(EZB/1998/12)

(1999/284/EG)

DER EZB-RAT -

gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (nachfolgend als "Satzung" bezeichnet), und zwar insbesondere auf Artikel 12.3;

gestützt auf die Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank (EZB), und zwar insbesondere auf die Artikel 23.2 und 23.3;

in Erwägung nachstehender Gründe:

In der Erklärung zum Recht auf Zugang zu Informationen im Anhang zur Schlußakte des Vertrags über die Europäische Union wird hervorgehoben, daß die Transparenz des Beschlußverfahrens den demokratischen Charakter der Organe und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Verwaltung stärkt.

Der Europäische Rat vereinbarte in Birmingham und Edinburgh einige Grundsätze für eine bürgernähere Gemeinschaft.

In Kopenhagen bekräftigte der Europäische Rat den Grundsatz eines möglichst umfassenden Zugangs der Bürger zu Informationen.

Bürger haben ein legitimes Interesse an der Organisation und dem Funktinieren von Institutionen und Gremien, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden.

Gemäß dem Beschluß Nr. 9/97 des Rates des Europäischen Währungsinstituts (EWI)(1) erhält die Öffentlichkeit Zugang zu Verwaltungsdokumenten des EWI; das EWI ging am 1. Juni 1998 in Liquidation; es ist erforderlich, die Grundsätze festzulegen, die den Zugang zur Dokumentation und zu den Archiven der EZB regeln.

Der Bürgerbeauftragte des Europäischen Parlaments traf im Rahmen einer auf eigene Initiative durchgeführten Untersuchung eine Entscheidung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten(2); die darin enthaltenen Empfehlungen galten für das EWI nur in bezug auf Verwaltungsdokumente; für die EZB gelten die gleichen Einschränkungen in bezug auf den Anwendungsbereich des Beschlusses.

Gemäß Artikel 10.4 der Satzung sind die Aussprachen in den EZB-Ratssitzungen vertraulich, der EZB-Rat kann jedoch beschließen, das Ergebnis seiner Beratungen zu veröffentlichen.

Gemäß Artikel 23.1 der Geschäftsordnung der EZB sind die Aussprachen der Beschlußorgane der EZB und aller von diesen eingesetzten Ausschüsse oder Arbeitsgruppen vertraulich, sofern der EZB-Rat den Präsidenten nicht dazu ermächtigt, das Ergegnis der Beratungen zu veröffentlichen.

Gemäß Artikel 23.2 der Geschäftsordnung der EZB sind sämtliche von der EZB erstellten Dokumente vertraulich, sofern der EZB-Rat nichts Gegenteiliges beschließt.

Dieser Beschluß stellt ein zusätzliches Element der Informations- und Kommunikationspolitik der EZB dar; eindeutige Regelungen können eine gute Verwaltung fördern, indem sie den Mitarbeitern helfen, Anfragen der Öffentlichkeit nach Dokumenten genau und unverzüglich zu bearbeiten.

Bevor die EZB Zugang zu einem Dokument gewährt, das Informationen enthält, die sie von der Zentralbank eines Mitgliedstaats erhalten hat, wird sie diese nationale Zentralbank zu Rate ziehen.

Gemäß Artikel 11.6 der Satzung führt das Direktorium der EZB die laufenden Geschäfte der EZB -

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS GEFASST:

Artikel 1

Zugang zu Verwaltungsdokumenten

(1) Die Öffentlichkeit erhält nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Beschlusses in bezug auf Verwaltungsdokumente Zugang zur Dokumentation und zu den Archiven der EZB.

(2) Im Sinne dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck "Verwaltungsdokument" jede Aufzeichnung bestehender, die aktuelle Organisation und das Funktionierien der EZB betreffender Daten ungeachtet des dafür verwendeten Mediums. Ferner gilt diese Bezeichnung für jede Aufzeichnung der gleichen Art, welche die Organisation und das Funktionieren des EWI betrifft.

Artikel 2

Antrag auf Zugang

Ein Antrag auf Zugang zu einem Verwaltungsdokument ist der EZB schriftlich zuzusenden(3). Die EZB wird sich bemühen, dem Antrag zu entsprechen. Wenn ein Antrag nicht hinreichend präzise formuliert ist oder die darin enthaltenen Angaben nicht ausreichen, um das angeforderte Dokument zu ermitteln, fordert die EZB den Antragsteller auf, den Antrag um weitere Einzelheiten zu ergänzen.

Artikel 3

Form des Zugangs - Kosten - gewerbliche Vervielfältigung

(1) Der Antragsteller erhält Zugang zu einem Verwaltungsdokument entweder durch Einsichtnahme in den Räumlichkeiten der EZB oder durch Zusendung einer Ablichtung auf seine Kosten. Für Ablichtungen gedruckter Dokumente, deren Gesamtmenge 100 Seiten überschreitet, wird eine Gebühr von 10 ECU (vom 1. Januar 1999 an 10 EUR) zuzüglich 0,05 ECU (vom 1. Januar 1999 an 0,05 EUR) je Blatt erhoben.

(2) Die EZB bemüht sich um eine angemessene Lösung zur Bewältigung sowohl von wiederholten Anträgen einer Person auf Zugang zu demselben Verwaltungsdokument als auch von Anträgen auf Zugang zu zahlreichen oder sehr langen Verwaltungsdokumenten.

(3) Personen, denen nach Maßgabe dieses Artikels Zugang zu einem Verwaltungsdokument des EWI gewährt wurde, dürfen dieses nicht ohne vorherige Genehmigung der EZB, die ohne Angabe von Gründen verweigert werden kann, vervielfältigen oder zu gewerblichen Zwecken durch Direktverkauf in Umlauf bringen.

Artikel 4

Ausnahmen

Der Zugang zu einem Verwaltungsdokument ist zu verwehren, wenn durch das Bekanntwerden seines Inhalts folgendes gefährdet werden könnte:

- der Schutz des öffentliches Interesses, insbesondere die öffentliche Sicherheit, internationale Beziehungen, die Geld- und Währungsstabilität, Gerichtsverfahren, Prüfungen und Ermittlungen;

- der Schutz des Einzelnen und der Privatsphäre;

- der Schutz des Urheberrechts sowie des Geschäfts-, Bank- und Industriegeheimnisses;

- der Schutz der finanziellen Interessen der EZB;

- die Wahrung der Vertraulichkeit, wenn dies von der natürlichen oder juristischen Person, die in dem Dokument enthaltene Informationen zur Verfügung gestellt hat, verlangt wird oder nach den für diese Person geltenden Rechtsvorschriften erforderlich ist.

Artikel 5

Entscheidung über den Antrag - Überprüfungsantrag - gerichtliche Überprüfung

(1) Die EZB bemüht sich, jeden Antrag innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu bearbeiten. Innerhalb höchstens eines Monats ist dem Antragsteller vom Direktor für Externe Beziehungen der EZB schriftlich mitzuteilen, ob seinem Antrag stattgegeben wurde oder ob die Absicht besteht, ihn abzulehnen. Im letzteren Fall ist der Antragsteller auch über die Gründe für die beabsichtigte Ablehnung und darüber zu unterrichten, daß er innerhalb eines Monats einen Antrag auf Überprüfung dieses Standpunkts einreichen kann und daß ansonsten der ursprüngliche Antrag als zurückgezogen gilt.

(2) Die Nichtbeantwortung eines Antrags innerhalb eines Monats nach Einreichung gilt als Ablehnung, sofern der Antragsteller nicht innerhalb des darauffolgenden Monats einen Überprüfungsantrag im Sinne der vorstehenden Ausführungen beantragt.

(3) Das Direktorium der EZB entscheidet über einen Überprüfungsantrag innerhalb eines Monats nach Eingang.

(4) Jede Entscheidung zur Ablehnung eines Überprüfungsantrags ist zu begründen. Der Antragsteller ist so bald wie möglich schriftlich von der Entscheidung zu unterrichten und auf den Inhalt der Artikel 138e und 173 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft hinzuweisen, die die Voraussetzungen für eine Beschwerde natürlicher Personen beim Bürgerbeauftragten bzw. für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der EZB durch den Gerichtshof betreffen.

(5) Die Nichtbeantwortung eines Überprüfungsantrags innerhalb eines Monats nach Einreichung gilt als Ablehnung.

Artikel 6

Ersetzung des Beschlusses Nr. 9/97 des EWI

Der Beschluß Nr. 9/97 des Rates des EWI wird mit sofortiger Wirkung durch diesen Beschluß ersetzt.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 3. November 1998.

Der Präsident der EZB

Willem F. DUISENBERG

(1) ABl. L 90 vom 25.3.1998, S. 43.

(2) 616/PUBAC/F/IJH vom 20. Dezember 1996.

(3) Anschrift: Europäische Zentralbank, Direktion Externe Beziehungen, Kaiserstraße 29, D-60311 Frankfurt am Main.

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